Ausgabe 4 /2020

Ausgabe 4 /2020

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in dieser Ausgabe von Beratung Aktuell steht die Vermittlung von Beratungskompetenzen im Hochschulkontext – insbesondere in sozialarbeiterischen Studiengängen – im Mittelpunkt. Das Dilemma ist schnell umrissen (vgl. Paulick & Wesenberg in ihrem Beitrag): Fast alle Sozial-arbeiter*innen stehen unmittelbar nach ihrem Studienabschluss vor der Herausforderung, Menschen in oft komplexen Belastungskonstellationen zu beraten – gleichzeitig umfassen die Curricula, zumindest in den Bachelorstudiengängen, meist nur wenige Semesterwochenstunden zu Beratung. Vor diesem Hintergrund nehmen die ersten beiden Artikel Lehrangebote im Bachelor Soziale Arbeit in den Blick, die auf die Entwicklung von Beratungskompetenzen abzielen. Mit den sich anschließenden Arbeiten weitet sich die Perspektive dann auf Angebote im Master und im Weiterbildungsbereich.

Das professionelle beraterische Handeln wird wesentlich von lebensgeschichtlichen Erfahrungen und persönlichen Haltungen geprägt. Aber wie kann Selbsterfahrung und Selbstreflexivität in der Hochschul-lehre angeregt werden und gelingen? In ihrem Beitrag Blind Date mit sich selbst – Hochschuldidaktische Zugänge zu Selbsterfahrung und Selbstreflexion als zentrale Elemente beraterischer Professionalität stellen Christian Paulick & Sandra Wesenberg – ausgehend von einem Kompetenzmodell beraterischer Professionalität – grundlegende konzeptionelle Annahmen und Elemente eines Moduls zu psychosozialer Beratung vor, dass die beiden als viersemestriges Projektmodul an der Alice Salomon Hochschule Berlin verwirklichen.

Christine Kröger & Michael Vogt präsentieren in ihrem Beitrag „…es kostet unglaublich viel Mut, Beratung in Anspruch zu nehmen“ die Konzeption des Begleitstudiums Beratung an der Hochschule Coburg vor. Dieses Angebot ist deutschlandweit einmalig und will besonders interessierte Studierende der Sozialen Arbeit befähigen, psychosoziale Beratungsprozesse im Sinne eines „modernen“ person und erfahrungsorientierten Zugangs zu gestalten. Das Besondere an dem didaktischen Konzept ist, dass beim Üben von Gesprächen „echte“ Beratungssituationen hergestellt werden, in denen die Studierenden, die als Klient*innen in ein Übungsgespräch gehen, eigene Anliegen einbringen. Die Evaluationsergebnisse der letzten 9 Jahrgänge zeigen nicht nur eine ausgesprochen hohe Zufriedenheit der Studierenden, sondern auch, dass vor allem die Selbsterfahrung, die authentischen Übungsgespräche und das Aufgehobensein in der Studiengruppe als bedeutsame Lernhorizonte eingeordnet werden.

Das Empathievermögen von Berater*innen ist zentral für das Gelingen von beratender Arbeit. Angela Gosch stellt in ihrem Artikel Empathie in der Beratung – Wie Bildungsgrad und sprachliche Ausdrucks-fähigkeit von Klientinnen und Klienten die Empathie Studierender beeinflussen die Ergebnisse einer Studie zum Empathievermögen von Studierenden (N = 422) aus zwei sozialarbeiterischen Studiengängen dar. Dabei interessierte vor allem, ob es für Studierende herausfordernder ist, sich empathisch in die Lebenssituation einer Klientin hineinzuversetzen, die ein niedrigeres Bildungsniveau und eine eingeschränkte sprachliche Ausdrucksfähigkeit mitbringt. Gerade vor dem Hintergrund von Forschungsbefunden, die zeigen, dass sich Klient*innen mit einem niedrigeren sozioökonomischen Status in Beratungsprozessen eher missverstanden fühlen als Klient*innen mit einem höheren Bildungsniveau ist diese Frage spannend. Tatsächlich zeigt sich, dass die Studierenden tendenziell weniger verhaltensbezogene Unterstützungsangebote für die Gruppe mit niedrigem Bildungsstand und eingeschränkter sprachlicher Ausdrucksfähigkeit entwickeln.

Abgerundet wird diese Ausgabe dann von einer Arbeit von Günther Wüsten, die mit Soziale Ressourcen aktivieren aussagekräftig überschrieben ist. Der Aufsatz zeigt nicht nur die herausragende Bedeutung sozialer Ressourcen für die psychische und physische Gesundheit auf, sondern veranschaulicht gleichzeitig, wie soziale Ressourcen und soziale Unterstützung sensibel und gelingend gefördert und erfahrbar gemacht werden können.

Johanna Sieper, Mitbegründerin der Integrativen Therapie, hat ab den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts ganz neue Wege in der Arbeit mit Menschen aufgezeigt und ist diese zusammen mit Weggefährten wie Hilarion Petzold, Ilse Ort und Hildegund Heinl gegangen. Sie erhielt für ihre innovative erwachsenenbildnerische Arbeit am 15. Oktober 1998 das „Verdienstkreuz am Bande“ der Bundesrepublik Deutsch-land. Sie ist am 26. September 2020 gestorben. Gerne veröffentlichen wir einen Nachruf von Hilarion Petzold und Ilse Orth, in dem deutlich wird, wie Johanna Sieper durch ihr Tun auch die Beratungslandschaft wesentlich geprägt hat.

Mittlerweile gibt es Kinderbücher, die sowohl von der bildlichen als auch inhaltlich-symbolischen Gestaltung höchstes Niveau aufweisen. Einige können auch erwachsene Leser*innen bereichern und begeistern, wie z.B. das Buch von Anne Hassel & Eva Künzel Der kleine Hamster will nicht hamstern aus dem Carl-Auer-Verlag. Wie viele weitere aktuelle Neuerscheinungen finden Sie auch dieses Buch in den Besprechungen.

Viel Freude bei der Lektüre und vielleicht die eine oder andere Anregung!

Ihre

Christine Kröger und Rudolf Sanders

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