Ausgabe 2/2018

Editorial 2-2018

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Viele Kolleginnen und Kollegen aus der Erziehungsberatung kennen die Situation, dass Eltern bei ihrem Kind eine Lese-Rechtschreib-Störung vermuten, um Diagnostik und vor allen Dingen um Unterstützung bei der angemessenen Förderung ihres Kindes nachsuchen. Ganz ähnliche Unterstützungswünsche werden mitunter auch an Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer an allgemeinbildenden Schulen herangetragen. Diesem Thema widmet sich Jürgen Hoffmann in seinem Aufsatz Beratung und Unterstützung bei Lese-Rechtschreib-Störungen an allgemeinbildenden Schulen – Orientierungsmöglichkeiten in Psychologie und Erziehungs-wissenschaft. Er plädiert dafür, angesichts der technokratischen Umsteuerung des Bildungswesens in den letzten Jahren und dem damit verbundenen Druck, die Bedeutung für eine hermeneutisch orientierte Erziehungswissenschaft als „reflektierende Praxis“, nicht aus den Augen zu verlieren. Als „Instruktionsangestellte“ besteht die Gefahr, dass Lehrerinnen und Lehrer ihre Beratungs- und Unterstützungsaufgabe nicht sinnstiftend wahrnehmen können, um junge Menschen zu mündigen Persönlichkeiten zu erziehen.

Peter Pan wurde zur Symbolfigur dafür, nicht erwachsen zu werden, und damit für ewige Kindlichkeit. Anton A. Bucher reflektiert aufgrund seiner Beobachtungen in seinem Artikel Peter Pan und seine Freunde die Frage Warum Menschen sich nicht entwickeln können oder wollen. Für die Infantilisierung Erwachsener bestehen aus seiner Sicht zwei mögliche Ursachen: Kinder oder Jugendliche können nicht erwachsen werden oder aber sie wollen sich den dafür notwendigen Entwicklungsprozessen, die oft schmerzhaft sind, nicht stellen. Spannend ist seine Feststellung von erzwungener und gewollter Infantilität besonders unter dem Nutzen, den Staat oder Kirche davon ziehen können.

Die Jahrestagung 2016 der DAJEB, der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugend und Eheberatung, stellte sich einem häufig in der Beratung erlebten Thema: Nichts ist so beständig wie der Wandel. Wir haben den Vortrag von Prof. Dr. Stefan Busse Beraten im Wandel übernommen. Er eröffnet die Möglichkeit, wichtige Themen im Kreis der Kolleginnen und Kollegen zu diskutieren. Wie wäre es, seine These, dass die klassischen Merkmale der Moderne, wie Rationalisierung, Institutionalisierung und Individualisierung einen Prozess der Beschleunigung, Enttraditionalisierung und auch Entmystifizierung (Entzauberung) der Wirklichkeit erzeugt haben und dies zur Folge hat, dass sich bei vielen Zeitgenossen nicht nur ein Gefühl von Befreiung, Emanzipation einstellt, sondern auch ein Gefühl von Entfremdung, Verlorenheit und Verunsicherung?

Ein wichtiges Kennzeichen von Beratung Aktuell sind die Rezensionen aktueller Veröffentlichungen. In einem vierten Beitrag übernehmen wir aus dem Buch Morgen wird alles besser West-Deutschland 1947-1952 die Erzählung von Else Klein Viel Geld – wenig Geld. Sie führt uns in eine unbekannte Welt und zeigt beispielhaft auf, wie Menschen nach dem Krieg ihr Leben gelebt haben, sie lässt uns damit Verständnis entwickeln, für das Gewordensein von deren Kindern und Enkel.

 

Dr. Rudolf Sanders

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