Ausgabe 3 – 2020
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in dieser Ausgabe wird Beratung aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet.
Der Ausgangspunkt professioneller Beratung ist Diagnostik. Dass die Disziplin der Sozialen Arbeit nicht mehr nur über eine eigene Diagnostik verfügen sollte, sondern tatsächlich verfügen kann, zeigen Margret Fischer, Lea Putz-Erath, Dorothea Kilk & Monika Zimmermann in ihrem Beitrag Wozu soziale Diagnostik? – Begriffsverständnis, Annahmen, Forschungsstand und Praxisbezug auf. Die Autorinnen legen ihrem Verständnis von sozialer Diagnostik ein systemisch-konstruktivistisches Menschenbild zugrunde und gehen von einem dynamischen Diagnostikverständnis aus, das soziale Diagnostik in ein prozesshaftes dialogisches Beratungsgeschehen einbindet.
Mit psychosozialer Arbeit verbindet sich die Herausforderung, die Wirksamkeit bzw. den Erfolg der Arbeit abzubilden, damit Ratsuchende wirklich das bekommen, was sie brauchen und vor allem keine Schädigung erfahren. Entsprechend zugespitzt haben Bühler und Groeger-Roth dies auf dem Präventionstag 2013 formuliert Brauchen wir eine „Rote Liste Prävention“? Was empfiehlt sich nicht in der Prävention? Ein Weg der Evaluation kann darin bestehen, Routinedaten nutzbar zu machen. Diese Möglichkeit lotet Sebastian Ertl unter Frage Welchen Beitrag kann die Evaluation von Routinedaten für die Evidenzbasierung psycho-sozialer Interventionen leisten? Zum Nutzen von Sekundäranalysen von Daten aus Qualitätssicherungsmaßnahmen in psycho-sozialen Arbeitsfeldern für die Wirksamkeitsforschung Klinischer Sozialarbeit aus. Ein solcher Blick auf das Ergebnis psychosozialer Arbeit ist nicht nur unter ethischen Gesichtspunkten bedeutsam. Auch im Hinblick auf Finanzierungsstrukturen und wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn dürfen Fragen nach der Wirksamkeit nicht länger vermieden oder gar ausklammert werden. . Nicht zuletzt dürfte esauch für Berater*innen und psychosoziale Fachkräfte einen wichtigen Unterschied machen, ob man selber die eigene Arbeit „ganz gut findet“ oder ob dies durch empirische Daten untermauert werden kann.
Dieses Anliegen wird in dem Beitrag von Michael Märtens & Rebecca Pfeiffer Verantwortung in Beratung und Psychotherapie: Ist Beratung leichter als Psychotherapie? wieder aufgegriffen. Denn Beratung wird immer noch viel zu häufig als „kleine Schwester“ der Psychotherapie missverstanden, also als „leichter“ eingeordnet. Anhand einer Fragebogenerhebung finden sich aber keine bedeutsamen Unterschiede in der Wahrnehmung von Belastungen und Herausforderungen bezogen auf Verantwortung. Denn Beratungsarbeitskontexte reduzieren die Verantwortung nicht! Die gravierenden Unterschiede der Einstellungen erklären sich weniger aus der Profession. Sie müssen eher in Persönlichkeitsmerkmalen, dem Arbeitskontext und der professionellen Sozialisation gesucht werden.
Bei den Buchbesprechungen möchte ich Sie insbesondere auf das Thema Proxy – dunkle Seite der Mütterlichkeit, dem sich Ulrich Sachsse als Herausgeber widmet, hinweisen.
Viel Freude bei der Lektüre!
…vielleicht ist der ein oder andere Impuls für Ihre Professionalität zu finden.
Ihr Rudolf Sanders
(Bühler, A. & Groeger-Roth, F. 2013) https://www.praeventionstag.de/nano.cms/vortraege/id/2361